Sonntag, 20. November 2016

Reise ins Heilige Land (VI): Jerusalem von Gold


Jüdische Klagemauer und
Kuppel des muslimischen Felsendoms

Unser israelischer Freund Avi erzählt Nureddin und mir bei unserem Gang durch die westlichen Stadtteile von Jerusalem von der Zeit zwischen dem Niedergang des osmanischen Reiches um etwa 1850 und dem Beginn des britischen Mandates 1917. Am Beginn dieser Periode bestand Jerusalem nur aus der heutigen Altstadt. Sie lag innerhalb der Stadtmauern, die unter der türkischen Herrschaft die Form erhielten, die sie heute noch haben. Süleyman der Prächtige war der Erbauer, er regierte bis 1566 also etwa zu Zeiten Luthers und der Reformation.

Nach 1850 begannen die europäischen Mächte damit, sich für Jerusalem und für die dort befindlichen religiösen Minderheiten zu interessieren. Viele nationale Kirchengebäude entstanden, so der am Reformationstag 1898 von Kaiser Wilhelm persönlich eingeweihte Bau der Erlöserkirche. In gewisser Weise bildeten diese Kirchen eine Art von konsularische Vertretung ihrer Herkunftsländer in Jerusalem.

Was wäre aus Jerusalem geworden, wenn nicht damals auch die Juden weltweit die Sehnsucht danach verspürt hätten, in Israel wieder heimisch zu werden? Die Pläne der europäischen Mächte für eine Vertretung in Jerusalem hatten nichts mit den Plänen der Zionisten zu tun, die eine Heimstatt in Jerusalem und im Heiligen Land anstrebten. Jerusalem war für die Europäer der Platz, an dem man seine strategischen Interessen verteidigen und gleichzeitig etwas für den Glauben der Kirche tun konnte.

Dagegen war ein staatliches Gebilde um diese Stützpunkte herum nicht notwendig. Die gerade einmal 15.000 Jerusalemer Bürger, zur Hälfte Juden und zur Hälfte Muslime, mit ein paar eingestreuten einheimischen Christen, boten auch nicht genug kritische Masse, um an die Gründung eines Staates zu denken.

Jerusalem entwickelte sich in der besagte Periode aus der Altstadt hinaus in die umgebenden unbebauten Flächen. Die Voraussetzungen moderner Stadtplanung halfen, aus der alten, vielfach unhygienischen Situation herauszukommen. Neue Stadtviertel wurden gegründet, wobei Avi uns von drei generellen Richtung erzählte: die jüdische Bevölkerung zog es in die westlichen Stadtviertel in Richtung Küste und Jaffa, die christlichen Araber, heute würde man sagen die christlichen Palästinenser, zog es in Richtung Süden, nach Bethlehem, und die Muslime zog es in Richtung Norden, nach Damaskus. Zwischen 1850 und dem ersten Weltkrieg wuchs die Bevölkerung von den bereits erwähnten etwa 15.000 auf 52.000 Menschen. Mit der wachsenden Anzahl von hier lebenden Einwohnern wuchsen auch die Spannungen zwischen den Religionen und Ethnien. Zum Ende des britischen Mandates 1948 lebten 165.000 Menschen in Jerusalem, zwei Drittel davon Juden und ein Drittel palästinensische Muslime und Christen.

Nach dem Unabhängigkeitskrieg von 1948 verlief die Grenze zwischen dem jordanisch besetzten Ostteil und dem israelisch besetzten Westteil unmittelbar entlang der Stadtmauer am Jaffator. Fast 20 Jahre lang schauten die Israelis von dem Hügel, auf dem das King David Hotel und das große Hotel des YMCA steht (beide in den Jahren nach 1930 entstanden), hinunter auf die für sie verschlossene Altstadt.

Unter der jordanischen Regierung nach 1948 wurden die christlichen Heiligtümer wenig gepflegt, die jüdischen Synagogen verfielen und wurden teilweise abgerissen. Mit dem Krieg von 1967 änderte sich die Situation aber wieder. Ostjerusalem und das gesamte Gebiet bis zum Jordan hinunter gerieten unter israelische Kontrolle, Alle Heiligtümer einschließlich der Klagemauer wurden wieder ein Ort für die Pilger aller drei großen Religionen des Buches.

Wenige Wochen vor der Eroberung von 1967 entstand das sehnsuchtsvolle Lied Jerusalem von Gold. Es wurde zu einer weltbekannten Melodie - und zum melancholischen Kampflied der israelischen Soldaten, die Jerusalem einnahmen.

Jeruschalajim schel sahaw 
ve schel nehoscheth 
ve schel or, 
halo l'qol schirajikh, 
ani kinor.

Jerusalem von Gold
und von Kupfer
und von Licht
für alle deine Lieder
bin ich die Violine.

1 Kommentar:

Avi Deul hat gesagt…

Thank you dear Christian. We had a wonderful day together. It was my pleasure to walk with both of you and to share our love to this special city. Mau our Christian-Muslim- Jewish friendship be a symbol to the future of our city and land. Avi