Donnerstag, 12. Juni 2014

Eine Lücke füllen (II) - Das Evangelium ist ausgewandert

In einem Buch über kirchliche Entwicklungen im Amerika der dreißiger Jahre wird der interessante Gedanke geäußert, dass mit dem Kirchenaustritt einer großen Zahl von Menschen des 20. Jahrhunderts viele Grundüberzeugungen der Kirchen sozusagen zusammen mit den Menschen aus der Kirche ausgewandert sind und jetzt eine Art weltliches Glaubensbekenntnis bilden.

Ökumenisches und weltoffenes Denken und Toleranz sind christliche Werte, die in breiten Teilen des Volkes vorhanden sind, sagt der Verfasser*. Man kann diese Werte mit der Barmherzigkeit, der Gerechtigkeit, dem Trost der Seligpreisungen verbinden. Sie sind überall unter den Menschen zu finden und werden von Christen und Nichtchristen in gleicher Weise geschätzt.

Ich habe in den vergangenen Wochen und Monaten häufiger mit kirchenfremden Leuten die These des „ausgewanderten Evangeliums“ diskutiert und habe eigentlich immer Zustimmung gefunden.

Nun würde ich diese kirchenfremden Leute – mein Zielpublikum – gerne zu Beginn meines Vortrages konkret auf den Teil der Seligpreisungen ansprechen, dem sie zustimmen. Ich habe dazu die Aussagen der acht Seligpreisungen einmal auf das vereinfacht, was an Versprechungen an ihrem Ende steht. Für die kirchenfremden Leute zustimmungsfähig ist:

- Trost
- Barmherzigkeit
- Gerechtigkeit
- Landbesitz
Was sie vermutlich weniger interessiert, sind die drei anderen Versprechungen:

- Anschauung Gottes
- Teilhabe am Reich Gottes
- Kindverhältnis zu Gott


(Teilhabe am Reich Gottes kommt zweimal vor, deshalb enthalten die acht Seligpreisungen nur sieben unterschiedliche Versprechen.)

Vielleicht sollte ich in meinem Vortrag (ich will nicht von "Predigt" sprechen) zunächst die ersten vier Punkte als etwas Erstrebenswertes darstellen, auf das sich die meisten Menschen als Gemeinsamkeit einigen können, egal, ob sie in der Kirche sind oder draußen.

In einem zweiten Teil würde ich dann über die eher „himmlischen“ Verheißungen sprechen und die Frage stellen, ob uns auf Dauer die irdischen Tröstungen nicht verloren gehen, wenn wir sie nicht mit ihrer himmlischen Welt verbinden. Soweit ein erster Gedanke.

Könnt ihr etwas damit anfangen? Habt ihr Verbesserungen und Ergänzungen?

Bitte weiterhin alle Nachrichten im Wege 1 : 1 also als eMail oder als persönliche Nachricht. Ich möchte Euch große Foren ersparen und die dort manchmal aufkommende Langeweile.

* “Liberals, he maintains, may have lost Protestantism, but they won the country, establishing ecumenicalism, cosmopolitanism and tolerance as the dominant American creed.”

1 Kommentar:

Peter Oberschelp hat gesagt…

... Grundüberzeugungen der Kirchen sozusagen zusammen mit den Menschen aus der Kirche ausgewandert sind und jetzt eine Art weltliches Glaubensbekenntnis bilden: Wenn das so ist, was verbürgt dann, daß sie Wanderung nicht weitergeht und die entliehenen Überzeugungen nicht über kurz oder lang verloren gehen. Schon lange besteht ja der Verdacht, die säkulare Gesellschaft sei auf Quellen angewiesen, deren Bestand sie nicht selbst sicherstellen kann. Vgl. Diskussion Habermas / Ratzinger, vorher schon ein anderer, dessen Name mir nicht einfällt.