Sonntag, 9. Februar 2014

In Bethlehem

"We have to touch people"

Für viele Christen ist hier in Bethlehem der Ort des wichtigsten Ereignisses in der Geschichte ihrer Religion: Jesus kommt zur Welt. Alles andere folgt daraus, Karfreitag, Ostern, Pfingsten - nichts geht über Weihnachten. So hat es unter vielen anderen auch der bekannte Theologe Karl Barth gesehen.


Aus den Tiefen des Weltalls kommt Gott, begleitet von einer Heerschar von Engeln und berührt die Erde. Die Engel stehen noch eine Zeit über den Hirtenfeldern von Beit Sahour, wo ich jetzt im Gästehaus der "Arab Women's Association" sitze, und singen Lieder von Schalom (mein Vater glaubte fest, dass echte Engel nur in einer Sprache singen: in Hebräisch). Dann müssen die Engel den Rückflug antreten. Gott bleibt allein unter den Menschen, teilt ihr Leben, lässt sich anfassen und fasst selbst die Menschen an. 

Vor einigen Tagen las ich in der New York Times die Geschichte einer alten BBC-Serie, in der ein Dr. Jacob Bronowski den wissenschaftlichen und künstlerischen Fortschritt der Menschen erklärte. Eigenartigerweise ließ er die letzte Folge in Auschwitz aufzeichnen. Dort sah er allem menschlichen Streben und aller menschlichen Größe eine Grenze gesetzt. Der Mensch dürfe sich nicht zu gewiss sein, dürfe nicht aus seiner Überheblichkeit heraus seinen Nächsten verachten und  hassen.

Ganz zum Schluss, die Szene ist in YouTube zu sehen, beugt er sich auf dem Gelände von Auschwitz zu einem kleinen Tümpel nieder, dessen Grund aus der Asche der Menschen besteht, die hier umgebracht wurden. Er holt eine Hand voll Schlamm vom Boden des Tümpels und sagt dann we have to touch people  (im Video bei Minute 2:18).


Hier ist ein Schlüssel für das Ende von Krieg und Hass. Und er wurde in Bethlehem den Menschen in die Hand gelegt, da, wo der Himmel die Erde berührt und Gott die Menschen angefasst hat.

Ich empfinde es als schön, in der Tradition von Jesus hier zu sein und mit meiner bloßen, kleinen Gegenwart eine Berührung zwischen Menschen und Menschen zu ermöglichen Es braucht viele Millionen dieser Berührungen, um die Welt menschlich zu machen. Aber jede einzelne hat ihren eigenen Rang und Wert.

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