Freitag, 25. Januar 2013

Der Himmel über dem Ort Lus

Kiryat Lusa, 24. Januar 2013
Unter dem weiten Himmel des kleinen Dorfes Lus oder Lusa oben auf dem Garizim denke ich an meinen Großvater Erwin Bohle. Hier in Lus hat nach der Überlieferung, die mir Benny Tzedakah bestätigt, der Erzvater Jakob in einer schwierigen Fluchtsituation im Freien übernachtet und über sich den Himmel offen und Engel herab- und hinaufsteigen gesehen. Jakob hat dies als ein göttliches Zeichen verstanden, dass seine Flucht ein glückliches Ende nehmen würde, was dann später auch so eintraf.
Mein Großvater, ein Baptistenprediger, hat die Geschichte von Jakob in einer ebenfalls schwierigen Lebenssituation gelesen und darüber geschrieben. Er hatte mit nur 52 Jahren eine Serie von Gehirnschlägen erlitten und war bis zu seinem Tod sieben Jahre später halbseitig gelähmt und an sein Bett gefesselt. In den ersten Monaten seiner Krankheit hatte er an der Hoffnung fesgehalten, recht bald wieder sein Amt in der Remscheider Baptistengemeinde aufnehmen zu können. Damals schrieb er der Gemeinde einen Brief, in welchem er sich für sein Fehlen entschuldigte und in dem er von der Vision des Jakob erzählte und dem geöffneten Himmel über dem verfolgten und von Sorgen gequälten Erzvater. Über jedem Gläubigen stehe der Himmel offen, schrieb der Großvater, denn Jesus Christus habe für uns alle die Tür zum Himmel weit aufgestoßen. Er schrieb dies aus dem Krankenbett einer kleinen Nachkriegsunterkunft, und er muss monatelang die Decke seines Krankenzimmers angesehen haben, bevor er die Worte vom offenen Himmel niederschrieb.
Für mich bezeugt sein Brief das Wunder eines visionären Glaubens, der tatsächlich allen Menschen möglich ist und der sich im Laufe der Menschheitsgeschichte auch immer wieder als mächtiger als alle Widerstände erwiesen hat. Dieser Glaube an den offenen Himmel ist nicht den Herrschern und Königen aufgegangen, die sich vielleicht alle Tage ihres Lebens halbwegs im Himmel wähnen konnten. Er ist denen erschienen, die in der Aussichtslosigkeit ihres Lebens eher verzweifelt hinauf an den Himmel geschaut haben und selbst überrascht darüber waren, dort eine Lücke zu finden.
Über dem Leben meines Großvaters, das sehr verheißungsvoll begann, aber ganz unvollendet und viel zu früh abgebrochen wurde, steht für mich ein großes Fragezeichen. Aber es steht auch das Bild des offenen Himmels darüber, der sich in einer engen Nachkriegswohnung über dem Bett des Großvaters auftut.
Jakob zog am nächsten Morgen von Lus weiter, nachdem er dort einen Altar aus Steinen aufgehäuft und dem Ort einen neuen Namen gegeben hatte: Beth-El, Haus Gottes. Ich liebe die Häuser Gottes in dieser Welt.

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