Mittwoch, 17. Oktober 2012

Kaukasier


Imam Schamil
In den USA heißen die Schwarzen bekanntlich African Americans, das ist die politisch korrekte Bezeichnung, wie allgemein bekannt ist. Weniger bekannt ist, dass die Weißen europäischen Ursprungs Caucasian Americans genannt werden, für uns hier vielleicht ein etwas verwirrender Gedanke, denn wir leiten unsere Herkunft aus allen möglichen Gegenden ab, nur nicht aus dem Kaukasus.
Vielleicht ist das falsch, vielleicht ist es sogar ein wenig verlockend, unsere genetische Heimat in diesem gebirgigen Reich ganz am Rande Europas, mit seiner Vielzahl an Völkern und Stämmen zu suchen.  Ich fand eine wichtige Spur dorthin jetzt, ein paar Tage nach meiner Reise in die Türkei, und zwar nach langer und eher planloser Suche.



Ich hatte immer wieder gelesen, dass in der Türkei lange Zeit ein Schönheitsideal vorherrschte, das sich an tscherkessischen Frauen orientierte, „circessian“ im Englischen. Nun kommen die Tscherkessen genau aus dem Herzen des Kaukasus und sind nach blutigen Feldzügen der Russen um 1860 herum unterjocht und großenteils in das osmanische Reich hinein vertrieben worden. Ähnlich erging es ihren Nachbarn, den heute noch aufmüpfigen Tschetschenen („chechens“ in Englisch). Gemeinsam erhob man sich unter Führern wie dem legendären Imam Schamil (1797 – 1871) und dem von Tolstoi in einer großen Erzählung verewigten Hadschi Murat (ca. 1795 – 1852) gegen die Russen.


Nun wollte ich wissen, wie die Menschen wohl ausgesehen haben mögen, die Gegenstand der Verehrung Tolstois waren (man vermutet, dass er sich als Soldat im Kaukasus in eine Tschetschenin verliebt hat) und die schon vor ihrer Vertreibung von den Osmanen als Heiratskandidatinnen begehrt wurden, die von gewerblichen Ehestiftern in großen Zahlen an den Hof des Sultans vermittelt wurden.

Türkan Soray
Tscherkessische Schönheit, circessian beauty – was ist das? Ich habe hinter vielen Stewardessen von Türk Hava Yollari Tscherkessinnen vermutet, lag aber immer falsch, wenn ich den jetzt entdeckten Wikipedia-Artikel Tscherkessen in der Türkei richtig auswerte. Nach Studium dieses Artikels und den im Anschluss daran gefundenen Fotos präsentiere ich hier vier Tscherkessinnen, von denen ich meine, dass sie diesen bestimmten Typ verkörpern, den schon Tolstoi geliebt haben muss.
Als erste nenne ich die Senta Berger des türkischen Kinos, die schöne und im ganze Land verehrte Türkân Şoray (geb. 1945). Sie hat etwas von der italienischen Königin meiner Jugend, Sophia Loren.
Meltem Cumbul
Ihre Schauspielerkollegin Meltem Cumbul (geb. 1969) steht ihr nur wenig nach. Auch sie hat ein eher ins Europäische gehendes Gesicht, wobei man sich bezüglich dieses Attributes natürlich streiten kann.
Auch die Sängerin Hadise Açıkgöz (geb. 1985 in Belgien) ist laut Wikipedia Tscherkessin. Auf ihren Fotos ist sie meist stark aufgemacht, dieses Foto hier wirkt natürlicher und zeigt sie mit einem eher runden und vollen Gesicht, das mir für Tscherkessinnen typisch zu sein scheint.
Hadise Acikgöz
Schließlich sei auch die in Deutschland lebende Schriftstellerin Necla Kelek (geb. 1957) genannt, Schrecken jeder kopftuchtragenden frommen Muslimin. Auch sie ist laut Wikipedia Tscherkessin.
Necla Kelek
Nun habe ich also eine Ahnung von tscherkessischer Schönheit und kann Tolstois Verehrung für die sehnigen und stolzen Damen nachvollziehen, die in Gegenwart der Gäste demütig und still ihren Hausfrauendienst taten, ihre Männer aber sofort zum Schweigen und Gehorchen brachten, wenn der Gast verschwunden war. So erzählt Tolstoi es in einer mir sehr lieben Erzählung (Die Kosaken), die ich gerne hervorhole, wenn mir in feministischen Diskussionen die Unterdrückung der Frauen in allzu starken Farben geschildert wird.


 

 

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