Samstag, 8. September 2012

Wendepunkt im Wald bei Jabel


Jabel, 8. September 2012

Denkmal im Wald zwischen Jabel und Nossentin
Ein Wuppertaler Pastor hat um 1840 – ich berichtete davon – die Reformation, den Pietismus und die deutschen Befreiungskriege nach 1812 als die drei großen Errungenschaften der Deutschen bezeichnet. Das hat natürlich mein Interesse an diesen Kriegen geweckt, die ihren Höhepunkt in der für Napoleon vernichtenden  Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 hatten. Eigenartigerweise fand ich im Wald zwischen Jabel und dem Nachbardorf Nossentin eine Spur, was die Ursprünge dieser nationalen Erhebung gegen Napoleon betrifft.





In diesem Wald erinnert ein Denkmal an die tapfere, wenn auch insgesamt erfolglose Verteidigung einer Brücke über die Sümpfe des Ufergebiets am nahen Fleesensee. Im November 1806 gelang es einer preußischen Jägertruppe unter Leitung des damals noch unbekannten Obersten Ludwig Yorck (sein kaschubischer Großvater hieß noch Jark, der Vater hatte den Namen verändert und auch ein umstrittenes von hinzugefügt), den soeben bei Jena und Auerstedt siegreichen Franzosen hinhaltenden Widerstand zu leisten und den in wilder Flucht befindlichen Soldaten der Armee Blücher eine Atempause zu verschaffen.
Yorck
Yorck machte sich in dieser Schlacht bei Silz-Nossentin in zweierlei Hinsicht einen Namen. Er stellte den Franzosen eine Einheit von Jägern entgegen, die tatsächlich vielfach aus Förstern bestand und die mit überlegener Präzision im Gebrauch ihrer Gewehre dem Feind schwere Verluste beibrachte. Diese „leichte“ Kampfweise war in den Lehrbüchern der damals führenden Strategen Scharnhorst und Gneisenau nicht vorgesehen, und der ewig knorrige Yorck hatte es sich deshalb auch mit diesen wie mit vielen anderen Größen offenbar schon seit längerer Zeit verdorben.
Wichtiger war aber wohl noch, dass der auch bei den Soldaten wegen seiner Härte umstrittene Yorck während der Schlacht beständig zu Pferde zwischen den Linien hin und her ritt und am Ende des Schlacht, verwundet zwar, aber doch noch zu einer Rede an seine Soldaten fähig, sagte, er habe sich vor den Kugeln der Franzosen weniger gefürchtet als vor einer preußischen Kugel in den Rücken, also vor einer Kugel eines seiner auf Rache gesonnenen eigenen Soldaten. Da dies aber ausgeblieben sei, sehe er dass ihr wahrhaft brave Männer seid und betrachte euch von jetzt ab als meine wahren Kinder.
Aus Söldnern werden Familienmitglieder, da hat sich irgend etwas im Kopf dieses halsstarrigen Soldaten beim Kampf um die Brücke von Nossentin geändert. Wenig später nimmt der Gedanke an eine auf Blutsbanden gegründete Armee Form an. Mit der Einberufung eines nationalen Heers, zu dem alle Bevölkerungsschichten unabhängig von Stand, Ethnie und Glauben (erstmals wurden Juden zugelassen) aufgerufen wurden, zündet Yorck im Jahre 1813 die deutschen Befreiungskriege. Zuvor hatte Yorck – diesmal in einer Koalition der Preußen  m i t  Napoleon und dort zum Generalleutnant aufgerückt – den Rußlandfeldzug mitgemacht, hatte sich am Ende mit den von ihm befehligten Truppen von den Franzosen abgesetzt und sich mit den Russen verbündet. Die Konvention von Tauroggen, zunächst als Hochverrat angesehen, dann aber vom preußischen König legalisiert, leitete eine historische Wende ein, an deren Ende Napoleon 1815 sein Waterloo erlebte und die deutschen Demokraten Frühlingsluft verspürten.
Der General Yorck wurde am Ende seines Lebens Generalfeldmarschall, erhielt ein Rittergut in Schlesien und den erblichen Titel Graf Yorck von Wartenburg. Sein tapferer Ururenkel Peter Graf Yorck von Wartenburg starb 1944 als Widerstandskämpfer für seine Überzeugungen am Galgen.

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