Montag, 23. Januar 2012

Im Hotel



Wenn man eines fernen Tages unsere Kultur anhand von Ausgrabungen rekonstruieren würde, die sich mit einem Hotel wie unserem „Riviera“ in Eilat beschäftigten, dann käme wohl als Ergebnis eine Täuferkultur heraus, die ihre Kultstätten oder Wohnanlagen um ein zentrales Wasserbecken gruppierten und in den vielen kleinen angrenzenden Zimmerchen vermutlich Mönche untergebracht hatten. Ganz falsch wäre diese Rekonstruktion nicht, denn es geht tatsächlich etwas Sakrales von dem blauen Pool aus, der am Abend unserer Ankunft glatt und heilig wie ein unberührbares Wesen inmitten der dreigeschossigen Häuser liegt, die ihn in Gruppen schweigend umstehen. Mallorca-unerfahren wie ich trotz meines fortgeschrittenen
 Alters immer noch bin, erlebe ich zum ersten Mal staunend einen Ort, der in etwa dem entspricht, was, wenn ich aus den Erzählungen am Arbeitsplatz die richtigen Schlüsse ziehe, den Kern der deutschen Urlaubsformen bildet.
 
Erstaunt bin ich über die sauber aufgereiten (und jetzt im Winter nur von wenigen Urlaubern genutzten) Liegestühle, die den Menschen offenbar mit dem Zweck aufnehmen sollen, ihm eine korrekte Haltung und eine ebensolche Richtung vorzugeben. Hier also findet in den großen Urlaubsmetropolen, der Revanchekampf der Luftschlacht um England statt, wo statt der Stukas die Handtücher fliegen und wo morgens in aller Frühe die strategisch wichtigen Stühle mit den Farben schwarz-rot-gold besetzt werden, während der Union Jack – die „Tabloids“ beklagen es immer wieder – viel zu spät auf dem Kampfplatz erscheint und angesichts eines Meers an deutschen Farben den Rückzug antreten muß.
Ich kann mir nicht vorstellen, länger als eine halbe Stunde an einem solchen Platz meinen sonnenempfindlichen Leib wie auf einen Grill zu legen und mich zwischendurch in den heiligen Wässern des Pools wieder so weit abzukühlen, dass meine Gedanken kurz aus der sonnentrüben Stumpfheit erwachen, um gleich wieder in sie zu versinken. Ich halte es lieber mit dem schlichten älteren Paar aus meiner Remscheider Heimat, das ebenfalls zum ersten Mal eine solche Ferienanlage besuchte und begeistert von den Annehmlichkeiten des Ortes nachhause schrieb. Die Betten, die Klimaanlage, die Aussicht vom Balkon – alles perfekt! „Am schönsten aber“, so schloß der Brief, „ist das Bad: Fliesen bis an die Decke, große Spiegel, zwei Waschtische, Bad und Dusche – Ihr könnt Euch vorstellen: wir freuen uns auf Freitag!“  

1 Kommentar:

Nureddin Öztas hat gesagt…

Noch ist die pralle Sonne des Sommers nicht da. Vielleicht könntest Du es ja einmal riskieren, Deinen 30 Minuten-Rekord-unter-der-Sonne zu brechen. Ich schlage als Hilfsmittel vor, viel Sonnenmilch, eine Mütze, eine Sonnenbrille, einen erfrischenden Drink und etwas zu lesen. Damit dürfte der nächste Rekord fast als sicher erscheinen.