Donnerstag, 27. Mai 2010

Mustafa Hoca





Der Lehrer (Hoca) Mustafa ist stellvertretender Direktor einer achtklassigen Grundschule in Çanlıca und als solcher zuständig für die letzten beiden Schuljahre. Seine Schule im asiatischen Teil Istanbuls ist die Stiftung eines reichen Mannes, der seinen Kindern in der Nachbarschaft seiner eigenen Villa acht gleiche Häuser errichten ließ, die er später der Gülen-Bewegung schenkte, nachdem (aber das ist nur meine Vermutung) die Kinder lieber in die Welt hinausgezogen sind als unter den Fittichen des Vaters zu leben.

Wer in dieser Schule als Lehrer arbeiten will, sagt Mustafa Hoca, muß durch mehr motiviert sein als den wirklich atemberaubend schönen Blick, den man hier, wenig unterhalb der Kuppe des hohen Çanlıca-Berges hinunter auf den gesamten südlichen Teil des Bosporus mitsamt Europabrücke, Alt-Istanbul, Marmarameer und Prinzeninseln hat. Man muß bereit sein, über die reguläre Unterrichtszeit hinaus mit den Kindern zu arbeiten, ihre familiären Verhältnisse durch Hausbesuche kennenzulernen und vieles mehr. Belohnt wird man durch gute Arbeitsbedingungen und die Mithilfe engagierter Eltern, die ein Schulgeld bezahlen müssen (etwa € 10.000,- pro Jahr, darin ist das Essen eingeschlossen, Stipendien sind möglich), sowie durch die Hilfe externer Förderer, die sich mit einer amerikanisch anmutenden Spendermentalität am Aufbau solcher Schulen beteiligen.



Die Häuser der Schule, je ein großzügiges Einfamilienhaus pro Jahrgang, stehen im Karree um eine zentrale Sportanlage, die mit ihrem Basket- und Fußballfeld und den Trampolins auch zu einer modernen Hotelanlage gehören könnte. Die Kinder in ihren nach Jahrgang unterschiedlichen T-Shirts spielen fröhlich darin herum, es herrscht eine lockere Atmosphäre, hinter der ein gewisses Maß an Disziplin steckt, denn offenbar schlägt hier niemand über die Stränge.

Fethullah Gülen, den seine Anhänger vornehmlich wegen seiner fast mystischen Frömmigkeit verehren, hat, für einen Christen überraschend, dazu aufgerufen, keine neuen Moscheen sondern neue Schulen zu bauen. Er ist sich sicher, daß man über eine Erneuerung der Bildung in der islamischen Welt auch eine Erneuerung des Glaubens fördert. Er erwartet ein frommes 21. Jahrhundert mit einem weltweit erneuerten Glauben. In diese optimistischen Visionen schließt er die Christen mit ein.




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