Freitag, 19. März 2010

brevex antwortet auf "Generation Google"




Einen herzlichen Dank an "brevex", der im wirklichen Leben David heißt und ein häufiger und lieber Gast in meinem Haus ist, soviel kann ich über ihn sicherlich verraten. Er hat meinen Blog zum Thema "Generation Google " sehr nuancenreich kommentiert, und ich gebe seinen Worten hier gerne nochmal einen etwas prominenteren Raum:


Nachdem ich deinen Blog ja nun still und heimlich seit gewisser Weile verfolge, will ich den letzten Beitrag gern kommentieren. Mit Freude habe ich die wachen Beobachtungen gelesen, die in vielen Punkten das wiederspiegeln, was ich in meiner Generationen seit Jahren erlebe.

Ich zähle etliche schlaue Menschen zu meinen Freunden, die große Probleme damit haben, die europäischen Hauptstädte zusammenzutragen, die deutschen Bundeskanzler zu benennen oder sonstige als Allgemeinwissen betrachtete Fakten zu liefern. Ich selbst hätte z.B. arge Probleme die Verläufe von Rhein, Donau und Elbe zu beschreiben.

Dies hat sicher auch damit zu tun, daß ich bereits in den Anfängen meiner Schulzeit einen Computer zur Verfügung hatte, der in hoher Geschwindigkeit, sämtliche Fakten aus der digitalen Enzyklopädie Encarta hervorzauberte. Später kam dann das Internet und Google dazu. So lang meine Erinnerung reicht, war es immer wichtiger, Informationen zu Tage zu fördern als diese später noch einmal abrufen zu müssen (Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel).

Dass dies in krassem Gegensatz zum Wissensmanagement der vorhergehenden Generationen steht, wurde mir sehr früh bewußt: ich habe meinen Vater immer dafür bewundert, daß er Einzelheiten und teilweise ganze Passagen wiedergeben konnte. Ich nehme an, daß für ihn der Zusammenhang zwischen Suche und Speicherung der Information genau umgekehrt galt: Ohne Volltextsuche und Algorithmen zum Auffinden der relevantesten Quellen war es wichtig, einmal Gefundenes zu behalten. Diese Annahme wird durch die damalige Abhängigkeit von schwerer zugänglichen Texten (z.B. Bücher in der Stadtbibliothek) noch bestärkt. Quasi unendlich vervielfachbare digitale Datenquelle gab es vor 20 Jahren einfach noch nicht.

Um nun den Bogen zur Technik und ihrem Fokus auf die Lösung der Probleme zu schlagen, sollte man sich meiner Ansicht nach bewußt machen, daß die Anfänge der Rechenelektronik ja genau in diesem Ansatz begründet liegen. Es geht doch letztlich bei der Anwendung von Computern und ihren Programmen (im weitesten Sinne) immer darum, hohe Rechenkapazitäten auf die Lösung einer Frage anzuwenden. Die Durchdringung des Alltags mit Technik, erweitert dann nur den Kreis der lösbaren Probleme(-chen).

Das Ganze passiert zwangsläufig unter Zurückdrängung bekannter Problemlösungsmechanismen - insbesondere zwischenmenschlicher Kommunikation. Statt den Ortskundigen zu fragen, wo die sich die nächste nette Kneipe befindet, wird lieber die iPhone App befragt.

Dies mag durchaus Vorteile haben. Viele hast du auch bereits in deinem Text genannt. Allerdings drängen sich mir, mehr und mehr die Nachteile auf. So möchte ich gar nicht, daß mein Alltag von einer (scheinbaren) Effizienz bestimmt ist, die sonst nur im Büro verlangt ist. Für jedes Problem eine Anwendung? Ich bin doch bisher auch ganz gut klargekommen! Die Frage ist nämlich auch, ob es am Ende wirklich so viel effizienter ist. Zum einen gilt es zu bestimmen, welche Anwendung nun für welches Problem passend ist. Bis man sich dann in die jeweiligen Anwendungen eingefuchst hat, vergeht nochmals Zeit. Schon oft habe ich gedacht, daß es wahrscheinlich schneller gewesen wäre, jemanden nach dem Weg zu fragen, als umständlich im Navi herumzutippen.

Ein weiterer wichtiger Punkt scheint mir der Verlust der Kommunikationskultur. Einige der größten Affronts im heutigen Miteinander sind den kleinen Begleitern geschuldet. Nicht nur finde ich es unhöflich, wenn mein Gegenüber im Gespräch auf seinem iPhone rumfingert, sondern ich traure auch jeder Unterhaltung nach, die durch Nachrichtenüberprüfung, Spielen oder anderen iPhone Funktionen nicht zu Stande kam.

Zu guter Letzt frage ich mich, ob die fortschreitende Durchdringung des Alltags mit intelligenten Programmen und die oben beschriebenen Auswirkungen auf den Umgang mit Informationen uns zu interessanteren Menschen machen. Ein ordentliches Gespräch und jede Diskussion basiert doch auch darauf, daß die Beteiligten auf ein gewisses Maß an Bildung zurückgreifen können. Ich jedenfalls möchte nicht mit jemandem sprechen, der in Echtzeit seine Argumente per Google zusammensucht.

Ich schließe – um meine Schwarzmalerei mit ein paar grauen Tönen zu durchmischen - mit einem per Internetrecherche hervorgetanen Marx-Zitat:

Du verstehst, my dear fellow, daß in einem Werke wie meinem, manche shortcomings im Détail existieren müssen.“


Und so freue ich mich auf deine Antwort!



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