Freitag, 12. Juni 2009

Im Museum








Seitdem das Wallraf-Richartz-Museum mit seinen berühmten Altertümern aus dem Haus Ludwig am Kölner Dom in ein neues Haus am Rathaus umgezogen ist, fehlt bei Ludwig (Bild) ein Stück der alten künstlerischen Legitimation. Früher ging man durch das Mittelalter (interessant, sagte man sich, aber etwas streng und formalistisch) in die Renaissance (wunderbar detailgetreu gemalte Heilige), von dort zu van Gogh (erstaunlich plastische weiße Wolke, wie aufgeklebtes Kaugummi) und zu den Vorläufern der Moderne (diese wunderbaren Seerosen von Monet). Danach war man bereit, auch ein wenig moderne Kunst in sich aufzunehmen, an die Wand genagelte Verpackungen und Kisten mit Tomatendosen (darüber würde man nachzudenken haben, später mal).

Heute fängt man erst bei Macke und Kirchner an, alles keine 100 Jahre alt, und man fragt sich von Anfang an, ob alle gezeigten Werke wirklich Kunst sind und auch in einer weniger bedeutsamen Umgebung genauso besitzergreifend wirken würden wie hier. Die Expressionisten (oder waren es die Impressionisten? Klassenarbeit: beides definieren, den Unterschied herausarbeiten!) haben teilweise an Farbwirkung verloren, nach dem ersten Krieg hatte man offenbar kein gutes, haltbares Material. Auch wirken viele damals anstößige Themen heute eher verbraucht, es entwickelt sich Staub auf den Dingen. Mondrian sieht man (die gewohnten Kacheln, ja, typischer Mondrian!), Feininger erkennt man sofort wieder (die Spiegelungen), Klee und seine dekorativen Muster natürlich ebenfalls, man hat sie ja vor Jahren häufig auf Geburtstagspostkarten zugeschickt bekommen.

Dann aber die wilden Jahre, die verfremdeten Alltagsgegenstände, die verbeulten Bleche. Das meiste versteht meine Generation sehr gut, weil sie weiß, was da verbeult wurde und wie es im Original aussah. Meine Kinder würden aber weder den verschmierten 68er Cola-Automaten, im „Portable War Memorial“ (Bild) als vertrauten Gegenstand erkennen noch die Bedeutung der Ikone mit den vier Soldaten verstehen, die 1945 in Iwo Jima die Fahne aufrichteten (schon damals eine gestellte Fotografie). Vielleicht stehen alte 68er ergriffen vor Warhol und Liechtenstein und denken daran, was damals alles bewegt wurde, aber sie hätten sicherlich in ihrer Jugendzeit nicht davon geträumt, daß man die Überreste ihrer hitzigen Aktionen einmal als Reliquien vorzeigen würde.

Museen haben einen sakralen Charakter. Jedes dort aufgehängte Bild sagt dem andächtig durch die hohen Räume schreitenden Besucher: Denke nach! Hier ist Bedeutung! Aus dem von seinen Altertümern entkleideten Museum Ludwig geht man aber, wenn man sich nur ein wenig diesem Anspruch zu widersetzen versteht, heraus wie der Atheist aus der Kirche. Das war eine Kirche? Mir kam es wie der Bahnhof vor…



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