Freitag, 12. September 2008

Am Inn



Scuol / Schweiz

Unser Teil der Schweiz gehört eigentlich als Inntal geographisch zu Österreich, und es hat in grauen Vorzeiten auch nicht an Versuchen der Österreicher gefehlt, den Inn heraufzukommen und ihn bis zu seiner Quelle, weiter oben am Maloja-Paß, unter österreichische Hoheit zu bringen.

So, wie die Dinge jetzt stehen, verbleiben aber auch in Zukunft die ersten etwa 100 km des Verlaufes, den der Inn nimmt, der Schweiz. Von der Quelle bis zum Ort Martina, nicht weit von hier, heißt er „En“ und gibt dem Engadin seinen Namen, danach wird er zum Inn und nach weiteren 100 km dann der Namensgeber für die Olympiastadt Innsbruck. In Deutschland wird er noch später dann ein wenig lieblos unter "ferner liefen" eingeordnet und der Gruppe von Iller-Lech-und-Isar-Inn (fließen rechts zur Donau hin) zugeschlagen.

Das Oberengadin und das Unterengadin teilen sich die ersten 100 Flußkilometer in etwa paritätisch untereinander auf. Die Grenze wird durch die Geographie klar vorgegeben: ab der Stelle, wo der Inn / En sein Bett ins Tal einzugraben beginnt, ist es mit seiner friedlichen oberengadiner Kinderzeit vorbei und er tritt ins jugendbewegte, schäumende Unterengadin ein.


Im Oberengadin ist er in einem hohen und lieblichen Trogtal als langsamer Bach dahergeströmt und hatte unterwegs noch so viel Zeit, daß er wunderschöne Seen bilden konnte. Friedrich Nietzsche hat an einem davon, dem Silser See, gesessen und ein wenig Frieden gesucht, die vegetationslosen Felsenberge hoch über dem Trogtal allerdings immer im Blick. Das Leben ist eine Ausnahme des allgemein herrschenden Todes, so etwa hat er gesagt und hinzugefügt: eine seltene.

Im Unterengadin nimmt der En / Inn auch den grauen Gesteinsschutt in sich auf, der ihm von dort an seine kalkige Farbe gibt. Er behält sie bis zum Eintritt in die Donau bei Passau. Dort muß das Blau der Donau lange kämpfen, bis es über das kalkige Grau des Inn die Oberhand behält. Spätestens in Wien muß sie ja wieder die schöne blaue Donau sein. Von der Wassermenge, welche die beiden Flüsse führen, wäre es an manchen Tagen wohl auch nicht falsch, „Inn“ zu dem Ergebnis der Zusammenflüsse zu sagen. Gut, daß man sich auf Donau geeinigt hat, das ist bei weitem der melodiösere, für Lieder geeignete Name, meine Liebe zum Inn hin oder her.

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